Die Kunst des japanischen Teehausgartens, 2. Teil

Die Kunst des japanischen Teehausgartens, 2. Teil

Der roji, ein einfacher, ländlicher Garten vor einem Teehaus, ist ein Sinnbild für die japanische Landschaftsästhetik. Die simple Schönheit eines ruhigen und ländlichen Idylls wie in den Bergen soll auch den Teehausgarten zu einem Ort der Ruhe und Gelassenheit machen, der die Seele des Besuchers berührt und ihm ermöglicht, den Stress des Alltags und die Hektik der Stadt hinter sich zu lassen.

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Die Kunst des japanischen Teehausgartens, 2. Teil

Gleichzeitig ist der roji eng mit der traditionellen Teezeremonie verknüpft. Der Weg durch den Garten zum Teehaus gehört schon zur Zeremonie.

Und so wie die Teezeremonie festen Regeln und Abläufen folgt, hat auch der japanische Teehausgarten bestimmte Elemente für die notwendigen Handlungen auf dem Weg ins Teehaus.

In einem zweiteiligen Beitrag geben wir eine kleine Einführung in die Kunst des japanischen Teehausgartens. Dabei haben wir im 1. Teil erklärt, was genau ein Teehausgarten ist.

Außerdem haben wir mit dem tsukubai, einem Waschbecken auf einer Steinfläche als Zentrum des Gartens, und dem chumon als Mitteltor, das den Außen- und den Innengarten voneinander trennt, zwei wichtige Elemente vorgestellt.

Hier ist der 2. Teil!:

Tobiishi und Nobedan

In seiner ursprünglichen Funktion war der roji der Weg zum Teehaus. Um diese Aufgabe erfüllen zu können, spielen tobiishi (Trittsteine) und nobedan (Pflastersteine) eine zentrale Rolle.

Allerdings geht es meist zulasten der Schönheit, wenn die praktische Funktion eines Gartens im Vordergrund steht. Wichtig ist deshalb, ein ausgewogenes Verhältnis zwischen den beiden Eigenschaften herzustellen.

Der Teemeister Sen no Rikyu empfahl dazu, die Steine so zu verlegen, dass sie zu 60 Prozent funktional sind und zu 40 Prozent schön aussehen.

Pflastersteine sind zwar stabiler als Trittsteine. Besteht ein Weg nur aus Pflastersteinen, kann er aber schnell steif und zu kompakt wirken. Deshalb sollten immer auch Trittsteine in die Gestaltung einfließen.

Die Mischung aus natürlichen und in Form gebrachten Steinen, die Größe und die Farben der Steine sowie die Breite und der Verlauf der Fugen prägen die Wirkung des Gartenweges und beeinflussen so auch das Gesamtbild des Gartens.

Bevor die Gäste das Teehaus betreten, legen sie ihre Schuhe auf einem Stein namens kutsunugi-ishi ab. Wichtig ist, dass dieser Stein höher platziert ist als die Trittsteine, um den Zutritt in den Garten zu vereinfachen.

Gleichzeitig sollte der Stein optisch gut zu den anderen tobiishi passen. Denn er ist nicht nur die Ablagefläche für die Schuhe, sondern gleichzeitig auch die Stufe, die zu den anderen Trittsteinen führt.

Wer die klassischen Tritt- und Pflastersteine als zu streng empfindet, kann ein lockereres Arrangement wählen.

Eine aufgelockerte, eher lose Anordnung von kleineren Steinen heißt auf Japanisch ararekoboshi, was übersetzt „verstreute Hagelkörner“ bedeutet. Auch hier ist aber ein harmonisches Gesamtbild wichtig, durch das der Weg klar als solcher zu erkennen ist.

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Chiriana

Beim chiriana handelt es sich um ein Loch im Boden. Es ist als symbolischer Behälter für die Verschmutzungen an den Kleidern und Schuhen und im übertragenen Sinne auch für die Rückstände aus der weltlichen Existenz gedacht, die sich die Gäste abklopfen sollen, bevor sie das Teehaus betreten. Traditionell wird die Bodenöffnung mit einem Naturstein abgedeckt.

Heute hat das chiriana eher eine dekorative Funktion und wird oft mit Zweigen oder Blüten aus dem Garten geschmückt. Es verkörpert die japanische Leidenschaft für ausdrucksstarke Details.

Allerdings soll es zu keinem Gefäß für üppige Gestecke werden. Die Idee ist vielmehr, ein schlichtes Steingefäß gelegentlich mit Ästen oder Blumen aus dem roji zu verzieren, um so wieder Funktionalität und Ästhetik miteinander zu verbinden.

Die Kunst des japanischen Teehausgartens, 2. Teil (1)

Die Bepflanzung im japanischen Teehausgarten

Damit der Teehausgarten eine Atmosphäre ausstrahlt, die an eine natürliche Berglandschaft erinnert, spielt die Auswahl der Bäume, Sträucher und sonstigen Pflanzen eine wichtige Rolle.

Grundsätzlich legt sich der roji nicht auf bestimmte Pflanzenarten fest. Letztlich ist nur entscheidend, dass die Gewächse natürlich wirken. Deshalb sollte jede Pflanze so aussehen, wie sie auch in der Natur wächst. Das heißt auch, dass die Pflanzen möglichst nicht zurechtgestutzt werden sollten.

Als Bodendecker für den japanischen Teehausgarten ist Moos optimal geeignet. Allein dadurch wirkt der roji schon sehr authentisch. Dabei ist vor allem Schlafmoos eine gute Wahl.

Denn es verbreitet sich schnell und wächst im Schatten genauso gut wie im Halbschatten und an sonnigen Stellen.

Weil Moose keine Trockenheit vertragen, ist aber eine ausreichende Bewässerung wichtig.

Vor allem in einem Stadtgarten können die Nachbarhäuser und andere Gebäude die Aussicht trüben. Will die Atmosphäre des Teehausgartens nicht so richtig aufkommen, können sogenannte yukimi-shoji weiterhelfen.

Das sind Trennwände mit Papier und Glas, bei denen der Mittelteil verschoben werden kann. Sie sehen ähnlich aus wie die typischen japanischen Raumteiler. Die Trennwände schirmen den Garten ab und lassen einen in sich geschlossenen Raum entstehen. Gleichzeitig fokussieren sie den Blick aber auch auf den Garten. Umso wichtiger ist deshalb, dass er immer ordentlich aussieht.

Wie die traditionelle Teezeremonie geht auch ein japanischer Teehausgarten mit etlichen Regeln einher und erfordert viel Wissen.

Doch davon sollten wir uns nicht beirren lassen. Wenn wir ein paar Ideen aus dem roji-Konzept entnehmen, können wir tolle Akzente setzen, die einerseits den heimischen Garten ungemein bereichern können und andererseits der Seele guttun.

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