Studie: So verändern sich kulturelle Werte weltweit

Studie: So verändern sich kulturelle Werte weltweit

Wie stehen die Menschen rund um den Globus zu Themen wie Homosexualität, Abtreibung, Kindererziehung oder Religiosität? Daten dazu erhebt der World Values Survey (WVS) seit 1981 anhand von globalen Umfragen. Aus den Antworten der Menschen ziehen die Forscher Rückschlüsse darauf, wie sich die kulturellen Werte weltweit entwickeln und verändern.

Studie So verändern sich kulturelle Werte weltweit

Einer der Initiatoren des WVS, Ronald Inglehard (1934-2021), ging davon aus, dass sich Menschen stärker auf die Selbstentfaltung fokussieren und sich eher fortschrittlichen statt traditionellen und religiösen Werten zuwenden, wenn der Wohlstand zunimmt.

Ein Team um Joshua Conrad Jackson von der Unisersity of Chicago hat die Daten des WVS nun ausgewertet und in Relation dazu gesetzt, wie sich das Bruttoinlandsprodukt in den jeweiligen Ländern entwickelt hat.

Dabei nutzten die Forscher Umfragedaten von mehr als 400.000 Menschen aus 76 Ländern.

Für 40 ideelle und kulturelle Werte, von denen viele mit Toleranz, Glaube und Gehorsam zusammenhängen, ermittelten die Forscher, welche Veränderungen es innerhalb und zwischen den verschiedenen Regionen der Welt von 1981 bis 2022 gab.

Gegenläufige Tendenzen

Die Forscher stellten fest, dass die Werte im Verlauf der vergangenen Jahrzehnte regional einheitlicher geworden sind. Zwischen den Weltregionen weichen sie aber stärker voneinander ab als früher, und das, obwohl die Welt durch die Globalisierung und die Digitalisierung heute wesentlich vernetzter ist als vor 40 Jahren.

Die stärkste Auseinanderentwicklung beobachteten die Forscher bei den Werten, die Toleranz und Selbstverwirklichung in den Vordergrund stellen. Hier zeigten sich die Unterschiede vor allem zwischen den westlichen Ländern mit hohem Einkommen und anderen, ärmeren Teilen der Welt.

In den reichen, westlichen Ländern haben die Toleranz, die Emanzipation und die Säkularisierung stark zugenommen. In den anderen Ländern ging die Entwicklung je nach Region sehr viel langsamer voran oder verlief sogar in die gegensätzliche Richtung.

Vor allem in den Ländern Afrikas und Asiens war ein deutlicher Trend zu strengeren traditionellen Werten erkennbar.

Ein Beispiel zeigt der Vergleich von Australien mit Pakistan. Bei der ersten Befragung im Jahr 1981 gaben 39 Prozent der Australier und 32 Prozent der Pakistaner an, dass es ihnen wichtig sei, dass Kinder gehorsam sind.

Damals war der Unterschied also nicht besonders groß. Doch im Laufe der Jahrzehnte gingen die Ansichten auseinander.

Bei der letzten Befragung im Jahr 2022 empfanden nur noch 18 Prozent der Australier, aber 49 Prozent der Pakistaner Gehorsam als eine wichtige Eigenschaft von Kindern.

Der Einfluss des Wohlstands

Die Studie hat gezeigt, dass materieller Wohlstand aber nicht zwangsläufig fortschrittliche Werte begünstigt. So haben zum Beispiel Kanada und Hongkong ein vergleichbares Bruttoinlandsprodukt pro Kopf, das sich von 2000 bis 2020 auch ähnlich entwickelt hat.

In Kanada war die Einstellung, dass Verantwortungsbewusstsein bei Kindern wichtig ist, in diesem Zeitraum von 53 auf 47 Prozent leicht rückläufig. Im Unterschied dazu stieg sie in Hongkong von 19 auf 52 Prozent deutlich an.

Gleichzeitig erhöhte sich in Kanada die Akzeptanz von Homosexualität von 49 auf 74 Prozent, während sie in Hongkong zwar auch stieg, aber nur von 29 auf 44 Prozent.

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Die Forscher schließen daraus, dass der Anstieg des globalen Wohlstands für die weltweite Ungleichheit der Werte verantwortlich sein könnte.

Denn während der steigende Wohlstand in den westlichen Ländern Werte begünstigte, die mit Unabhängigkeit zusammenhängen, war diese Entwicklung in den meisten nicht-westlichen Ländern so nicht zu beobachten. Solche Trends lassen die Kluft zwischen westlichen Ländern mit hohem Einkommen und dem Rest der Welt wachsen.

Ein denkbarer Grund ist, dass emanzipatorische Werte durch historische Ereignisse wie die Reformation, die Aufklärung oder die Französische Revolution im westlichen Selbstverständnis verankert sind.

Wächst der Wohlstand, setzen sie sich mehr und mehr durch. In anderen Kulturräumen ist das so nicht der Fall. Ob der Wohlstand und die Veränderungen der Werte aber wirklich kausal zusammenhängen, kann die Studie auf Basis ihrer Daten nicht abschließend beantworten.

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Bedeutung für Deutschland

Sozialpsychologen aus Deutschland merkten an, dass sich viele Fragestellungen, die die Studie verwendete, nicht unbedingt auf allgemeine Werte bezogen, sondern eher Ansichten und Verhaltensweisen abfragten. Doch Einstellungen verändern sich schneller und stärker als echte, gewachsene Grundwerte.

Trotzdem liefert die Studie wichtige Erkenntnisse, die zum Beispiel für die deutsche Politik relevant sind. Denken wir zum Beispiel daran, wie sehr die Bundesregierung um eine feministische Außenpolitik bemüht ist, die Frauen und unterdrückte Gruppen schützt.

Solche Werte werden schwer durchzusetzen sein, wenn die entsprechenden Länder einen ganz anderen Blickwinkel haben. Ähnlich ist es in Ländern in und außerhalb Europas, die eine starke autoritäre Orientierung haben.

Wenn die nationale Sicherheit, die Dominanz gegenüber anderen Ländern und vergleichbare Werte das politische Handeln prägen, dürfte es für Deutschland schwer werden, gemeinsame Ziele wie die Sicherung des Friedens, Menschenrechte oder Umweltschutz zu erreichen.

Quelle: Joshua Conrad Jackson (University of Chicago, USA) et al., Nature Communications, doi: 10.1038/s41467-024-46581-5

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Hier schreiben Manfred Laue, - reisender Geschäftsmann im asiatischen Raum, sowie Hong Cian Shok - Backpacker wohnhaft in Deutschland, der jedes Jahr sich mehrere Wochen in Asien aufhält, sowie Christian Gülcan, mit Erfahrung aus 10 Jahren im Lebensmittel-Großhandel und Belieferung an asiatische Gastronomie, Betreiber und Redakteur dieser Webseite. Wir möchten Wissenswertes über asiatische Reiseziele, Kulturen und Wirtschaft vermitteln.

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