Das vietnamesische Wassermarionettentheater

Das vietnamesische Wassermarionettentheater

Fast 3.500 Kilometer Küste, beeindruckende Naturlandschaften mit Bergen, Wasserfällen, Regenwäldern und Reisfeldern, traditionelles Landleben und pulsierende Metropolen wie Hanoi oder Ho-Chi-Minh-Stadt (früher Saigon): Vietnam hat Reisenden sehr viel zu bieten.

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Kein Wunder, dass sich der südostasiatische Staat längst vom Geheimtipp zum beliebten Reiseziel entwickelt hat. Noch hat das Land zwar einen weiten Weg vor sich, bis es die Spuren der schwierigen Vergangenheit abgeschüttelt hat. Doch gerade dieser spannende Mix aus alten Traditionen, fest verwurzelten Denkweisen und dem Aufbruch in ein neues Zeitalter hat seinen ganz besonderen Reiz.

Hinzu kommen die freundlichen und herzlichen Menschen, die unzähligen Sehenswürdigkeiten und die herrlichen Landschaften. Aber als gäbe es in Vietnam nicht schon genug zu entdecken, können Reisende Zuschauer bei einer Attraktion werden, die weltweit tatsächlich einmalig ist: das vietnamesische Wassermarionettentheater.

Das Wassermarionettenspiel als Kunstform

Beim traditionellen Marionettentheater wird die Bühne im Wasser aufgebaut. Die Marionettenspieler stehen hinter einer Bühnenwand im hüfthohen Wasser. Von hier aus hauchen sie den 30 bis 70 Zentimeter großen Figuren, die marionettentypisch mit Schnüren an langen Bambusstäben befestigt sind, Leben ein. Die Figuren sind aus Holz gefertigt und innen hohl.

Die Zuschauer sehen nur die Figuren und so bleiben die Bewegungen, die Tricks der Marionettenspieler und auch die Spieler selbst im Verborgenen. Begleitet wird die Aufführung von einem kleinen Orchester, das Musik auf traditionellen vietnamesischen Instrumenten erklingen lässt. Bis ein Marionettenspieler die Technik beherrscht, vergehen oft viele Jahre.

Dabei lernen die Söhne das Marionettenspiel von ihren Vätern. Ihre hölzernen Puppen bauen und schnitzen die Spieler üblicherweise selbst.

Die Wurzeln des vietnamesischen Wassermarionettentheaters

Das Wassermarionettenspiel entstand im 11. Jahrhundert. In den Dörfern im Norden Vietnams trat der Rote Fluss so häufig über die Ufer, dass es ständig zu Überschwemmungen kam.

Daraufhin machten die Bauern aus der Not eine Tugend und verlegten das ohnehin beliebte Marionettentheater kurzerhand ins Wasser. Für die Aufführungen wurde eine Bühne in einem überschwemmten Reisfeld, in einem Fluss oder in einem See aufgestellt und bei den Dorffesten wurde das Wassermarionettentheaterspiel schnell zum Publikumsmagneten. Die Stücke erzählten vom Leben der Dorfbevölkerung, von der Landwirtschaft oder vom Fischfang.

Aber auch die Herrscherhöfe fanden Gefallen am Wassermarionettenspiel. Hier erlebte die Kunstform vor allem im 17. und 18. Jahrhundert ihre große Blüte. An den Höfen wurden Stücke gespielt, die von erfolgreichen kriegerischen Auseinandersetzungen und Helden berichteten. Außerdem fanden Sagen und Legenden aus der Geschichte Vietnams, Erzählungen über die Widerstände gegen China und später auch gegen die französischen Kolonialherren Einzug ins Repertoire der Puppenspieler.

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So entwickelten sich im Laufe der Zeit zwei Ausprägungen der Kunstform, nämlich zum einen in der ursprünglichen bäuerlichen Tradition und zum anderen in der vornehmeren, märchenhaften Variante an den Höfen. Während des Kriegs gegen die Franzosen wurde das Theaterspiel jedoch verboten und ein Großteil der Theatergruppen wurde aufgelöst. Nach Kriegsende blühte die Tradition aber wieder auf und wurde vor allem im Norden Vietnams weitergeführt.


Die Geschichten des vietnamesischen Wassermarionettentheaters

Heute werden zum einen Alltagsszenen und zum anderen kürzere Theaterstücke gespielt. In den Alltagsszenen werden Geschichten aus dem traditionellen, bäuerlichen Leben auf dem Lande dargestellt. Die Figuren gehen Wasser schöpfen, bestellen ihre Felder oder angeln und fischen. Die Theaterszenen bringen Erzählungen aus der klassischen Literatur oder Legenden aus der Geschichte Vietnams auf die Bühne.

Das Publikum kennt die Stück meist sehr gut und begleitet die Aufführungen deshalb mit Gelächter und lauten Zurufen. Gleichzeitig wird die Kunstfertigkeit der Marionettenspieler mit großem Interesse beobachtet und mit viel Respekt verfolgt.
Früher gab es in fast jedem Dorf eine eigene Truppe aus Marionettenspielern, die sich regelmäßig aufmachte und durch das Land tourte. Heute sind eigene Wassermarionettenspielgruppen in den Dörfern eher die Ausnahme.

Dafür wird das Wassermarionettentheater inzwischen staatlich gefördert und so werden professionelle Puppenspieler ausgebildet, die das Publikum in den großen Städten mit den Aufführungen erfreuen. Die bekannteste Spielstätte Vietnams ist das Thang-Long-Theater am Hoan-Kiem-See in Hanoi.

Hier werden jeden Abend zwei Vorstellungen gespielt, das Publikum ist bunt gemischt aus Einheimischen und Touristen. Rund 40 Kilometer westlich von Hanoi befindet sich der Long-Tri-See. Im Rahmen des Pagodenfestes der Chùa Thây wird hier ebenfalls Wassermarionettentheater gespielt. Diese Vorführungen sind traditioneller und näher am ursprünglichen Bauerntheater als in Hanoi.

Das faszinierende Spiel mit den Holzfiguren ist aber längst weit über die Landesgrenzen Vietnams hinaus bekannt. Auch in Europa war es schon zu sehen, als das „Nationale Wassermarionettentheater Hanoi“ auf seinen Tourneen hier gastierte.

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Hier schreiben Manfred Laue, - reisender Geschäftsmann im asiatischen Raum, sowie Hong Cian Shok - Backpacker wohnhaft in Deutschland, der jedes Jahr sich mehrere Wochen in Asien aufhält, sowie Christian Gülcan, mit Erfahrung aus 10 Jahren im Lebensmittel-Großhandel und Belieferung an asiatische Gastronomie, Betreiber und Redakteur dieser Webseite. Wir möchten Wissenswertes über asiatische Reiseziele, Kulturen und Wirtschaft vermitteln.

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